Wir hören uns oft selbst, wie wir unseren Kindern antworten: ”Gleich kannst du ein bisschen spielen”, ”Warte mal 5 Minuten” oder ”Das ist erst heute Abend”. Wir denken nur nicht immer daran, dass diese Wendungen direkt am Kind vorbeifliegen. Und dann stehen wir mit einem wütenden oder weinenden Zweijährigen in der Diele.
Wir haben oft kein Werkzeug dafür, es anders zu machen und wiederholen unsere Fehlkommunikation immer wieder. Wenn wir annehmen, dass Kinder das gleiche Begriffsverständnis und das gleiche Zeitgefühl wie Erwachsene haben, dann scheitern wir in der Kommunikation mit unseren Kindern und laufen mit dem Kopf gegen die Wand. Deshalb macht es meiner Meinung nach SO viel Sinn, den Kindern einen visuellen Überblick zu geben, in kleinen Sequenzen, in Form von Bildern und nicht nur mit Worten. Wir schulden unseren Kindern, dass wir auf einem Niveau kommunizieren, das ihrer Entwicklung entspricht.
”Die Disney-Sendung ist erst heute Abend.”
Es ist 15 Uhr und Milo (2 Jahre, 9 Monate) wird in der Kita abgeholt.
”Wir müssen Dorte noch ein schönes Wochenende wünschen. Es ist nämlich Freitag. Es ist Wochenende.”
”Juhuuu. Dann kommt die Disney-Sendung.”
”Ja, wir werden die Disney-Sendung sehen, wenn wir zu Abend gegessen haben.”Als wir von der Kita nach Hause kommen, läuft Milo zum Stuhl und ruft fröhlich:
”Jetzt bin ich bereit für Baconchips und Disney.”
”Aber ich habe doch gesagt, das ist erst, wenn wir zu Abend gegessen haben.”Milo wird traurig und weint.
”NEIN JETZT! Es ist schwer zu warten. Können wir jetzt nicht Abendessen essen?”
Ein klassisches Beispiel für eine Situation, wo ich ganz vergesse, dass Milo kein Zeitgefühl hat und nicht weiß, wann wir eigentlich zu Abend essen und was er in der Zwischenzeit machen soll. In Milos Kopf laufen jetzt nur Donald Duck und Baconchips. Und ich glaubte, dass wir beide verstanden hatten, dass die Disney-Sendung erst am Abend kam. Es war mein Fehler – und das bedeutet, dass ich natürlich nicht erwarten kann, dass er so eine Information versteht.
Ich nahm die Piktogramme und legte sie in einer Reihenfolge auf den Tisch. Obwohl keine Zeit darauf steht, bekommt Milo ein Gefühl dafür, wann was geschieht. Als Milo also fragte: ”Ist jetzt die Disney-Sendung?” konnte ich auf die Piktogramme zeigen und antworten: ”Jetzt spielen wir gerade, bevor wir essen und baden.”
Am nächsten Freitag bereitete ich den Ablauf auf einer Platte aus kräftiger Pappe vor. Und dieses Mal war mehr Ruhe in der Freitagsgemütlichkeit. Und am Freitag darauf konnte Milo sich gut daran erinnern, dass die Disney-Sendung erst nach dem Abendessen und dem Freitagsbad kam. Einige Eltern machen sich Sorgen, dass ihre Kinder von der Visualisierung abhängig werden könnten. Doch das werden sie meiner Erfahrung nach sicher nicht. Es ist eine Hilfe in einer Periode, wenn etwas anders ist (z. B. auch an Feiertagen) oder besonders schwer (wenn die Kinder von einer Aushilfe statt der gewohnten Tagesmutter betreut werden usw.).
Die Piktogramme sind hinten mit einem aufklebbaren Klettband befestigt, sodass man die Platte mit sich herumtragen und die Karten auswechseln kann. So funktioniert es am allerbesten, finde ich.
”Aber was soll ich dann machen?”
Wenn dein Kind, so wie meines, nur ”AUSFLUG” hören kann, wenn du es darum bittest, vorher noch eine Reihe Dinge zu tun, dann denke ich, das ist ganz normal. Ich habe daher versucht, in diesen Situationen etwas Überblick zu schaffen. Ich zeige auf die Karten und nehme sie runter, wenn sie ”erledigt” sind. Das funktioniert wirklich gut und ich komme nicht mehr zu dem Punkt, wo ich verzweifelt sage: ”Jetzt hab ich das so oft gesagt.”
Wenn Milo immer wieder fragt: ”Was sollen wir jetzt machen?” Dann weiß ich, dass er etwas in der Kommunikation nicht mitbekommen hat. Dann nehme ich ein paar Piktogramme und wir reden darüber, was wir machen werden, so wie hier im Video.
Die Bilder brauchen für Milo nicht so spezifisch zu sein, da er er sich gut daran erinnern kann, dass ein Schneeoverall bedeutet, dass wir aus dem Haus gehen. Für Kinder wie für Erwachsene ist es ganz individuell, wie es am besten funktioniert. Für uns ist es situations- und tagesabhängig. Ein müder Junge hat weniger Überblick und dann braucht er mich, damit ich mehr Überblick schaffe. Oder in einer Periode mit vielen Veränderungen oder viel Unruhe.
Routineschaffende Visualisierung
Abend- und Morgenroutine sowie Toilettenroutine
Ich habe eine ganze Menge darüber geschrieben, wie wir uns und unseren Kindern dabei helfen können, besser miteinander zu kommunizieren. Zum Schluss möchte ich gerne zeigen, wie wir die Karten in einer fest vorgelegten Form für den täglichen Tagesablauf verwendet haben.
Mache Eltern bäumen sich auf, wenn das Wort ”Struktur” zur Sprache kommt. Es ist jedoch meine Überzeugung, dass alle Menschen eine gewisse Portion Struktur/Routine brauchen, um zu funktionieren. Kinder brauchen Hilfe dabei, diese Routinen zu etablieren.
Milo interessiert sich jetzt zum Beispiel dafür, auf die Toilette zu gehen. Am Anfang war das nur ein Teil der ”Abendroutine”. Manchmal stand das Bad auf dem Programm, machmal nicht. Aber jeden Tag schaute er auf die Piktogramme. Und wir machten es schnell auch zu einem Teil der Morgenroutine.
Plötzlich wurde er so groß und nach drei Wochen wollte er plötzlich tagsüber keine Windel mehr tragen. Natürlich haben wir wohl den richtigen Zeitpunkt bei ihm gefangen. Aber ich denke ganz sicher, dass Milo dank der Piktogramme ein Verständnis für die ”Reihenfolge” bekommen hat. Und dafür, dass man erst Pipi machen muss, bevor man etwas anderes macht. Und abgesehen davon, dass er das verstand, half es tatsächlich auch uns. Denn wir sind auch Gewohnheitstiere und machen das, was wir immer tun, und dachten nicht daran, ihn auf die Toilette zu setzen. Er fing auch von ganz alleine an, sich an- und auszuziehen, denn es stand ja da!
So mussten wir auf einmal nicht mehr jedes Mal mit ihm ”Du kriegst mich nicht” spielen, wenn es sich anziehen sollte.
Jetzt benutzen wir die Piktogramme nicht mehr für die Morgen- und Abendroutine, denn sie sind in Milos Kopf.
Hier kannst du mehr über die Piktogramme lesen und sehen
Der Beitrag wurde geschrieben von Nadja Gisselbæk Christensen – Pädagogin auf einer Sonderschule und zweifache Mutter.
@hverdags_leg
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